WM Bericht

Anfang Juni hatte ich mich über die deutschen Jugend Einzelmeisterschaften für die Jugend Weltmeisterschaften U18w in Rumänien qualifiziert, wodurch natürlich ein Traum in Erfüllung ging. Am 5. September war es dann endlich soweit, als ich es selbst kaum glauben konnte um kurz nach 6 Uhr morgens im Flieger zu sitzen. In guter Begleitung mit Keyvan, der ebenfalls teilnahm und Benedict, der Keyvan und mich während der WM trainierte und vorbereitete, machten wir uns auf den Weg ins sonnige Mamaia, einer Landzunge direkt am Schwarzen Meer. Die Jugendweltmeisterschaft war nicht nur meine erste Weltmeisterschaft, sondern auch mein erstes Internationales Turnier überhaupt und damit ein einzigartiges Erlebnis. Aber was kann es schon Besseres geben, als 2 Wochen am schwarzen Meer Schach zu spielen und sich dabei mit den besten Gleichaltrigen der Welt zu messen? Dementsprechend trat ich meine Reise aufgeregt, aber voller Vorfreude an.
Nach einem Zwischenstopp in München flogen wir weiter nach Bukarest und wurden anschließend mit einem Bus des Veranstalters zum Hotel gefahren, wo wir nach einem langen Tag bei Sonnenuntergang antrafen. Fast die gesamte deutsche Delegation war im selben Hotel untergebracht, sodass man sogleich auf bekannte Gesichter traf und die ersten Reiseerfahrungen austauschte.
Das Zimmer, oder eher Apartment, teilte ich mir mit Catriona und Yaroslava, die ebenfalls für Deutschland antraten, wobei Catriona und ich mit zwei weiteren Deutschen sogar in einer Altersklasse spielten.
Am nächsten Tag sollte die erste Runde stattfinden und wir alle waren bereit und motiviert, da es endlich losging. Unsere Gegner waren uns bereits am Abend vorher bekannt, sodass wir noch Zeit hatten uns morgens vorzubereiten oder zumindest seelisch darauf einzustellen, da es von meiner Gegnerin aus Israel nur eine Hand voll Partien gab, was die Vorbereitung natürlich erschwerte. Da ich mich auf Rang 36 von 79 auf der Startrangliste und damit knapp der ersten Hälfte befand, bekam ich nach dem Schweizer Turniersystem eine nominell schwächere Gegnerin in der ersten Runde.
Der Spielort lag einige Kilometer vom Hotel entfernt und die Teilnehmer waren insgesamt auf 6 verschiedene Hotels verteilt, sodass die Spieler jeden Tag mit Bussen zum Spielort gefahren wurden.
Das Exhibition Centre Constanta, welches als Spielort diente, war eine große Halle in der alle Altersklassen und Gruppen zusammen Platz fanden. An der Decke hingen die Flaggen der über 70 Nationen, die teilnahmen. Es war schon ein interessanter Eindruck so viele Spieler aus unterschiedlichen Ländern mit ihren verschiedenen Trikots zu sehen und ihre verschiedenen Sprachen so durcheinander zu hören.
Von der Eröffnungszeremonie konnte man leider, teils aufgrund der schlechten Audioqualität und teils aufgrund des starken Akzentes, nicht immer alles verstehen. Die Bruchstücke, die wir zu hören bekamen, bestanden meistens aus den Wörtern „proud“ und „romania“ oder „we welcome you“ und nochmals „proud“. Als Gastgeschenk vor der Partie bekam jeder einen Briefumschlag mit einem QR-Code für ein individuelles NFT, den ich leider bereits nach der ersten Runde am Brett vergas.
In der ersten Partie konnte ich meine Favoritenrolle behaupten und setzte mich mit den schwarzen Steinen gegen die israelische Spielerin Tal Zusman durch. Das war natürlich ein perfekter Start in die Weltmeisterschaft. Wieder im Hotel angekommen rundete ich den Tag mit einem Spaziergang am Schwarzen Meer ab, von denen es noch einige geben sollte.
Da die Runden jeden Tag erst um 15 Uhr begannen, war morgens noch reichlich Zeit für die Vorbereitung. Und schon bald pendelte sich Routine in den Tagesablauf ein, die darin bestand direkt nach dem Frühstück im Schwarzen Meer zu schwimmen und sich anschließend bis zur Partie vorzubereiten.
Nachdem die Vorbereitung, wie man es sich nur hätte erträumen können, aufs Brett kam, verwertete ich auch in der zweiten Partie meinen Vorteil gegen eine indonesische Spielerin, die wie sich später herausstellte, fließend deutsch sprach, und holte damit meinen zweiten Punkt.
Abends im Hotel analysierten wir in der Regel noch unsere Partien, um aus unseren Fehlern zu lernen oder unsere „glorreichen“ Siege zu zeigen. Meistens spielten wir dann noch etwas Blitzschach gegeneinander, was mich nach einem bitteren Verlust besonders aufheiterte und für die nächste Runde motivierte. Die 3. Runde war so ein Verlust, gegen eine starke spanische Spielerin. Nach einem interessanten Qualitätsopfer von mir, kämpften wir eine ganze Zeit auf Augenhöhe, bis ich einen Fehler machte und mich in ein verlorenes Turmendspiel verwickelte.
In der 4. Runde war es dann soweit und ich musste gegen die deutsche Meisterin Jana Bardorz spielen. Ich muss zugeben, dass wir beide nicht besonders erpicht auf dieses nationale Duell waren, zumal wir bereits mindestens 4 Turnierpartien gegeneinander gespielt hatten. Ich hatte gehofft, dass uns eine weitere immerhin bei der WM erspart bleibt. Jana spielte stark und gewann letztendlich die Partie.
Während meine Gegnerinnen bisher aus Israel, Indonesien, Spanien und Deutschland kamen, ergänzte sich die Liste in den nächsten Runden um die Ukraine, Serbien, Rumänien nochmals Spanien, sowie später auch noch um die Slowakei, Frankreich und Vietnam, und wurde somit nie langweilig.
Im Gegensatz dazu mussten wir bereits am 3. Tag aufstöhnen als wieder Pommes auf der Speisekarte stand. Tatsächlich bot das Buffet im Hotel nicht viel Abwechslungsreichtum, weshalb wir umso mehr auf das umfangreiche Kuchenangebot, welches es zu allen Mahlzeiten gab, zurückgriffen, was die morgendlichen Schwimmeinheiten natürlich umso dringlicher machten ;).
In den folgenden 4 Runden holte ich wieder 2 Siege und 2 Niederlagen und hatte damit ein sehr ausgeglichenes Ergebnis. Zudem war unsere Stimmung auf dem Zimmer ebenso wie bei der Vorbereitung mindestens so gut wie das Wetter. Über die gesamte Zeit regnete es vielleicht einmal, während ansonsten immer sommerliche Temperaturen herrschten und damit perfektes Badewetter.
In der 9. Runde konnte ich noch einen Sieg holen, und beendete das Turnier mit 2 Remisen in den letzten beiden Partien. Damit landete ich zum Schluss mit 6 Punkten 3 Plätze über meinem Startrang auf Platz 33. Natürlich hätte immer Einiges besser laufen können und ich habe einige Chancen in meinen Partien verpasst. Dennoch konnte ich mehr als die Hälfte der Punkte holen und bin insgesamt zufrieden mit meinem Ergebnis und den meisten meiner Partien, zumal ich die bestplatzierte Deutsche in meiner Altersklasse wurde. Außerdem konnte ich unglaublich viel von Benedict bei der Vorbereitung lernen ebenso wie aus meinen Partien.
Besonders in unserer Delegation hervorstachen Marius Fromm (U18) und Charis Peglau (U14w) welche Bronze und Silber in ihren Altersklassen holten, sodass wir bei der Siegerehrung nochmal ordentlich applaudieren konnten. Den letzten Abend ließen wir dann noch mit einigen Spielen wie Werwolf und natürlich noch mehr Schach ausklingen, wobei wir die letzten 2 Wochen nochmal Revue passieren ließen.
Es war eine sehr coole und erlebnisreiche Zeit, für die ich besonders meinem Verein und meinen Trainern sehr dankbar bin. Es war ein unvergessliches Erlebnis, von dem ich schachlich viel mitnehmen konnte.

Zu den Ergebnissen: https://chess-results.com/tnr655570.aspx?lan=0&art=4&turdet=YES&flag=30
Weitere Informationen und Bilder: https://worldyouth2022.com/photo-gallery/opening-ceremony/

Einige weitere Eindrücke aus Rumänien




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Von Heiko S.